ALLESDURCHAUSMITEINANDER 16.9.16

A L L E S D U R C H A U S M I T E I N A N D E R

Wir alle wissen, dass alles mit Allem verbunden ist. Auf jeden Fall spüren wir es – auch wenn wir es nicht wissen sollten. Und im unlösbaren Knoten der Verstrickungen keine Lösungen finden. Alles ist komplex. Dennoch ergeben sich wie von selbst Zustände mit denen man sich zufrieden gibt. In der Verwirrung, die uns als solche selten erscheint, stellt sich eine Ruhe ein, die selbst den Strom alles Bewegten geradezu  auszublenden imstande ist.

Was ist diese Kraft des Stillstandes, wenn wir doch immer Bewegte und Erregte sind? Obwohl wir, vom Schicksal hin und her gerissen, Getriebene sind? Und dennoch mit klaren Gedanken zeitweise das Glück ruhiger Empfindung erfahren?

Es ist das Gefühl mit Raum und Zeit momentan so verbunden zu sein, als hätte man den eigenen Körper verlassen. Ihn aber durch und durch zu spüren und dennoch aus ihm in etwas anderes versetzt zu sein. Sei das eine Situation, ein Gespräch, ein Bild, seien es Gedanken, Düfte oder was auch immer. Es ist eine Ganzheit, eine wirkliche Totalität, die einfach schön und gut ist.

Es ist der Moment, in dem wir wie hypnotisiert sind, wo das Andere unser Selbst erweitert und wo es erneut zu sich kommt. Wo das Unbewusste mit dem Bewusstsein in einem Allgefühl ohne Widerspruch sich in Einheit befindet. Fast bewusstlos, glaubt man zu schweben, irdische Schwere zu überwinden, aber rundum getragen zu sein, in sanften Kissen zu versinken. Die Ursache dieses Zustandes kann selbstverständlich unterschiedliche Gründe haben.

Einer der Gründe ist die Kunst als der Sammelbegriff aller Künste, in denen sie sich ständig erweiternd manifestiert. Zusammen mit anderen Generatoren des Ausser Sich Seins ist es aber die Kunst, die gerade im Unterschied zu ihrem grossen Gegenpol, der Politökonomie, das Potential hat, Offenheit und Dialog zu garantieren. In ihr können immaterielle Werte nicht nur gepflegt, sondern auch aus der Vergangenheit in die Zukunft transportiert werden.

Es können Ideale Bestand haben, Begehren und Lust den Geist bereichern. Die Kunst ist als poetischer Akt eine Quelle, den Sinn des Lebens darzustellen, und ihn im Lauf der Zeit erneut wieder zu finden. In ähnlicher oder veränderter Form, die dennoch von Inhalten spricht, die von Qualitäten und Möglichkeiten, Visionen und Phantasien und mehr künden.

Wir müssen einsehen, dass sich der jedem Begriff einwohnende Gegensinn zu einem gewaltigen Konkurrenten entwickeln konnte. Es sind die durch die Massenmedien dominant gewordenen und werdenden Displays und Designs. Allgemein gesprochen sind es Produkte der Kreativität unter der Ägide des Kommerzes. Sie lenken den globalen Massengeschmack und beherrschen ihn in unverblümter Weise. Sie folgen dem Diktat der Superästhetik, der perfekten Form, der zu schönen Schönheit (des Kitsches) und der martialischen Funktion von widerstandsloser Glätte, strahlender Farbigkeit, todesnaher Geschwindigkeit und Perfektion.

Seit noch nicht allzu langer Zeit gesellt sich dem Terror dieser unterschwelligen Ästhetik unter dem Diktat der Werbung und irgendwelcher Informationen die Revolution der Algorithmen. Die analoge Welt ist natürlich immer noch am Leben, das digitale Prinzip erobert aber mit diesem durch Strom ermöglichten alles auf der Basis von Null und Eins funktionierenden Schalten und Walten die ganze Welt.

Die seit der computergestützten Kommunikation mittels der Satelliten, Glasfaserkabeln, der Smartphones und Drohnen, der Netzwerke und artifizieller Intelligenz kreierten Verbindungen gestalten sowohl die Globalität und gleichzeitig damit die zielgenaue Reduktion aller Erdenbürger zu überwachten Subjekten. Gleichfalls operieren entsprechende Apparate als selbständig entscheidende Elemente im Zusammenspiel die Objektwelt. Sie kann als fast autonome Riesenmaschine als noch von menschlichen Entscheidungen gelenktes Instrument bezeichnet werden.

Selbstverständlich berühren sich bei der unvermeidlichen Begegnung der Subjektwelt und der Objektwelt diese beiden Pole. Als Medien betrachtet, sind sie sich gegenseitig bedingende Ursache und Wirkung. Die von Menschen (auch Medien) geschaffenen Medien führen durch unzählige Prozesse der Datenverarbeitung von trial and error und Forschung und neuen Erkenntnissen. Unweigerlich erzeugen sie immer neue und überraschende Schnittstellen. Diese Produkte sind Übergangs-Objekte  wie wir sie aus der Kindheit kennen, die mittlerweile aber auf den gesamten Bereich des Lebens übergreifen. Es sind die Transmedia, die wie Hybride ein Dazwischen  Sein darstellen, die eine Steigerung der Perfektion in verschiedensten Formen zustande bringen.

Die Begegnung von Subjekt und Objekt verstrickt aber gleichfalls Subjekte mit Subjekten und Objekte mit Objekten, wenn wir doch bei diesen etablierten und oft in Frage gestellten Begriffen bleiben wollen. Möchte man sie als verabsolutierte fixieren, wären sie ja nicht zu gebrauchen, weil sie in sich bereits das Gegenteil beinhalten, den erwähnten Gegensinn. Betrachtet man diese beiden im Zusammenspiel, potenzieren sich ihre Möglichkeiten in geradezu unvorstellbarem Masse. Es ergeben sich Koeffizienten, die durch die energetische Spaltung eine Kokreativität zustande bringen, die einen dauerhaften Prozess des Fortschritts initiieren. Was durch die Vielzahl solcher Prozesse potenziert wird.

Wir sehen nun, dass das Ausser Sich Sein des Individuums in der Jetztzeit auch mit der Hybris globaler Technologien zusammen gedacht werden kann und muss. Denn die Kontrolle soll so weit wie möglich und sinnvoll unter dem Zeichen von Verstand und Vernunft stehen. Sie muss zwar politökonomisch erreicht werden, doch in Kooperation mit dem an Freiheit und gegenseitiger Akzeptanz erprobten, aufblitzenden Funken poetischer Kraft. Diese bedient sich eben aller Medien, die sich dazu eignen, Inhalte in Formen zu erkennen, die Raum und Zeit verbinden. Und gleichfalls die Ekstase des Schönen und Guten zum  Erlebnis machen, das ein individuelles und gesellschaftliches Ereignis ist.

Mit den Transmedia sind wir nun in einem Zeitalter neuer Gegebenheiten und Herausforderungen angelangt, die auch neue/andere Strategien zur Bewältigung gesamtgesellschaftlicher Prozesse erfordern. Aus einem dualen Verständnis eines Geschehens ist eine Dreiheit geworden, ein Doublebind mentaler Techniken, die sich zum Denken der Medien selbst gesellen: Die Hinterfragung der Realität durch die Reality, der Anforderung die Mediatisierung in ihrem Wesen zu akzeptieren und zu beherrschen.

Kein Zweifel daran, dass Alles mit Allem verbunden ist – auf irgendwelche Art und Weise. Die Frage ist dann nur: Wie kommt man zu einem Punkt, von dem aus eine Situierung möglich ist, um eine Vorstellung davon zu erhalten, in welchem Zusammenspiel man ein Akteur und/oder der Spielball im Strom der Kräfte ist. Denn immer handelt es sich um die Energie des Pro und Kontra in einem Verständnis von Realismus und dessen Zwillingspartner dem Anti-Realismus. Sie sind das Plasma von momentanen Zuständen, die den steten Fluss des Seienden darstellen. Wir sind hin und hergerissen zwischen uns und unserer Umwelt, in der unaufhörlichen Bewegung unserer Konstitution  und unseres Bewusstseins, welches ebenfalls unbewussten oder bewussten Entscheidungen Folge leistet und sich somit in transpositionalen Erregungen befindet.

Diese Zustandsschilderung ist zwar äusserst allgemein und abstrakt gehalten, ist aber in ihrer Verwirrung noch so vereinfacht gedacht, dass sie uns doch als Basis dafür dienen soll, einige Aspekte der Verflochtenheit unserer Lebenssituation zu eruieren. Es bündeln sich vor uns doch gewaltige Dimensionen des Verständnisses eines expandierenden Universums,  unvorstellbare Zeiträume  und Grössenordnungen im Vergleich zu den geradezu kleinen Massstäben unserer eigenen Gegenwärtigkeit. Immerhin ist diese aber mit der heute herrschenden Globalisierung durch den Zusammenschluss vom Orbit, computerbasierten Kommunikationsmitteln und technologischen, biologischen und nuklearen Erkenntnissen und ihrer Weiterentwicklung auch wiederum in einem dschungelhaften Geflecht befangen. Womit wir uns in einer Bewusstseinshülle in der Medienhülle in der Hülle des Universums verorten. Und dabei sollten wir auch noch einen vertrauensvollen, vernünftigen Lebenswillen bekommen und behalten. Das kann aber nur gelingen, wenn wir uns sowohl bescheiden als auch allem Unvorstellbaren zum Trotz zum einen auf unseren Eigensinn als auch auf ein Gefühl der Partizipation und des Eingebunden Seins im Gesellschaftlichen stützen. Dazu dient auch die Neugier all das unbekannte Interessante zu durchforsten und dennoch nicht den Halt im Unbekannten zu verlieren.

Eines der ältesten Symbole der Menschheit ist bestimmt die Spirale, deren Zentrum sowohl eine Bewegung nach Innen als auch nach Aussen suggerieren kann. Sie kann somit als Auge gesehen werden, dessen Zoom auf die Empfindung des Gegenübers schliessen lässt: auf Intro- bis Extroversion, auf körperliche Befindlichkeiten, auf geistige Präsenz und psychische  Zustände. In hartem Schnitt dazu könnten wir unser Befinden mit einem Zyklon vergleichen, in dessen „Auge“ wir über die Erde brausen, in der rasenden Rotation der uns umgebenden Wolken. Wir können diesen Zyklon von Kameras aufgenommen als verheerenden Wirbelsturm studieren, der über riesige Wasserflächen und Landstriche fegt. Die unzähligen Galaxien, die das Weltall durchkreisen gleichen auch Spiralen. In einer von ihnen sind wir auf dem Planeten Erde beheimatet. Und bedienen wir uns auch noch des Bildes der Doppelhelix, welches die Bausteine unseres Daseins als Spirale darstellt, sind wir in den Dimensionen heutiger Erkenntnis und unseres Argumentationsfeldes angelangt, in den Paradigmen, welche wir als Beschreibung unseres Zustands, unserer Einsichten verwenden.

Die als Auge beschriebene Leerstelle ist der Punkt, die Zone, die Schnittstelle und zugleich die gestaltende Energie, welche unser Dasein erfüllt. Es ist die wippende Spirale des Auf und Ab, Hin und Her der Bewältigung der Zusammenhänge im Hier und Jetzt. Nennen wir den Sehstrahl und die für ihn verwendeten Formen in den zur Verfügung stehenden Medien Transmedia, so haben wir damit einen Begriff, die Komplexität der Konzentrationen und die diese begleitenden Dezentrierungen zu durchschauen als auch – wenn nötig oder möglich – zu verändern. Transmedia sind dann die in den Intermedia aufgebauten Vermischungen von Formen und Medien, die sich dynamisch halten konnten. Im Unterschied zu den in Klischees sich verhärtenden üblichen Massenmedien, die in Konformismen gefangen sind. Womit nicht Traditionen gemeint sind, bewährte, sinnvolle Strukturen, Verlässlichkeit und Vertrauen, sondern machterfülltes Festhalten an Unterdrückung, Ausbeutung und Verweigerung von Freiheiten, die den ungezwungenen Fluss der Energien verhindern und den Strom der Informationen in falsche Richtungen lenken.

Wird von Systemen und Umwelten gesprochen und von Formen und Medien, die in der Vermischung von Mediatisierungen zusammenfinden, so geht es in diesen Bereichen einer totalen Verknäuelungen  gemäss zeitweiliger bewusster Situationierung um die Sicht auf einen Verlauf in eine bestimmte Richtung. Also um eine Transition von Formen – Texten, Tönen, Bildern – in Medien, um Einsichten von Ansichten, die wir in einer Vielfalt von Apparaten oder in einer Bündelung auf einem Apparat abrufen können. Die Übertragung und Wiedergabe der Ansichten ( der optoakustischen Wahrnehmung) wird dabei vornehmlich den geschmeidigsten und variabelsten zur Verfügung stehenden Elementen anvertraut: den Einsen und Nullen, welche ihren Befehlen, den Algorithmen und der sie bewegenden Energie Folge leisten. Dies mittlerweile  in den beiden Richtungen von Ausstrahlung, Übergängen und Speicherung. Die Flexibilität, welche die den Algorithmen eigene Variabilität und Viabilität ermöglicht, ist eine nur noch schwerlich durchschaubare Grösse von x Dimensionen des Atomaren, Globalen und Orbitalen : Eine Art Allmächtigkeit.

Auf diese Virtualisierung prallt in mehr oder weniger Heftigkeit unser normales, körperliches Dasein in seinem irdisch gebundenen analogen „Gefangensein“. Dieses wird zwar aus dem Gehirn, wie bewusst auch immer, gelenkt. Wobei auch die Neuronen „digital“ funken. Dabei beobachten wir die Schnittstelle par excellence. Wo die „Natur“ des Körpers und die Gegebenheit der Umwelt/ Natur und die beide vermittelnde Transition vonstattengeht. Das Dasein in all seinen Facetten.

Bereits der Körper wird durch die ihn umgebende Haut begrenzt und zusammengehalten wie die ihn füllenden Organe, die wiederum durch Faszien in ihrer Form kompakt bleiben und somit ihre Funktion geschützt wird. Die Faszien sind die Übergangszonen und als  Kontaktpunkte das grösste Organ des Körpers, was man auch von der Haut sagen kann. Und was diesen unseren Köper auch umgibt, von der Kleidung, den Vehikeln und Behausungen, schliesslich die immer sich verändernden Atmosphären und die klimatischen Bedingungen. Wir sind selber aktive Teilnehmer und von den Wetterlagen und Geschehnissen der Umwelt, der jeweiligen Umgebung Getriebene. Wir sind ein Medium, eigentlich ein Transmedium in der uns gegebenen Daseins Spanne, wo immer wir uns aufhalten, Geborene und Gestorbene.

Im gegenseitigen, bipolaren Zusammentreffen, in der Koppelung, im Geben und Nehmen und der Vermischung, der Vermengung je nach Zusammenfügung verschiedenster Stoffe, Formen, Materialien physikalischer und chemischer Art entstehen Vielfalt, Zerstörung und Zeugung, Anfang und Ende. Ob ein kreativer oder destruktiver Akt stattfindet: es geht immer um einen Zustand, der Harmonie und Disharmonie im Zeichen von Kraft und Schwäche als Gegensatzpaar hat.

Polarisation wird sich dabei in vielen Zwischenstufen zeigen und in den Extremen Plus und Minus zwar messbar sein. Doch in Schwingungen zwischen Oben und Unten, zwischen Rechts und Links sich bewegen. Und welche Skalen auch gebraucht werden, auf die Vorstellung der angewendeten Parameter zurückgeworfen werden. Das Messen bei der Messung ist bereits ein Paradigma des zu Messenden, ein Mittel um einen Zweck zu erreichen. Der /Das Messende ist unausweichlich ein Teil der Messung, der Grund für die Messung. Was wiederum die Ursache für den Gebrauch offenlegt: Nämlich die Absicht durch die Messung einen Beleg für die Richtigkeit, ja einen Beweis für etwas zu erbringen, was es zu beweisen gilt. Verstrickt im Knäuel ist weder der Anfang noch das Ende der Schnur zu erkennen.

Messungen sind Akte der Zuschreibung von Argumenten, wofür man misst. Dabei werden wiederum Argumente gegeneinander ausgetauscht, verglichen, vertreten. Und sie werden in ihrer Validierung abgewogen.  Man erwägt, was besser oder schlechter ist. Um zu Wertungen zu kommen, die einen überzeugen. Aus der unaufhörlichen Bewertung, eingeschlossen die uns bereits lieb gewordenen, internalisierten Vorlieben – was wir eben verwerten konnten. Man sieht hier wie nahe sich körperliche und geistige Verwertung kommen, wie sie sich verbinden können und das Zünglein an der Waage sind und  das Gewicht erhalten, das zu unserem Wohlergehen führen soll.

Der Geschmack, über den man der Rede nach nicht streiten kann, das, was wir als Wert bevorzugen, ist demnach der subjektive Faktor nach dem wir unsere Argumente richten und Recht haben. Nehmen wir den Geschmack ernst nach den vier Geschmackrichtungen von süss, sauer, salzig und bitter, müsste es einfach sein, sich nach dem „Geschmack“ zu richten. Betrachten wir jedoch unsere gesellschaftliche Geschmackszurichtung seit der Vorherrschaft der globalisierten Medien, der Transmedia, ist es nicht mehr so einfach zu Wertungen zu gelangen. Denn mit Umami haben wir jetzt auch einen den ganzen Gaumen in Beschlag nehmenden, totalisierenden Geschmack, in dem Differenzierung schwierig ist.

Oder anders gesehen: Umami ist ein „Gewürz“, das alles, was mit ihm in Berührung kommt mit seiner spezifischen Note zusammen bringt. Ein globalisierter Geschmack mit unifizierender Wirkung – auf eine Art grenzenlos und überall verfügbar. Eine Regel, der alle folgen, ohne überlegen zu müssen, weil sie als Basis anerkannt und vertraut ist. Sie ist ein Teil unbewussten Bewusstseins und hat eine wohltuende Selbstverständlichkeit.

Dazu kommt, dass uns sämtliche Nahrungsmittel in klinischer Verpackung und detaillierter Beschreibung geradezu wie Pharmaka angeboten werden. Das Reinheitsgebot ist der oberste Regulator für Akzeptanz. Was nicht der Norm entspricht, ist nicht nur ekelhaft, sondern auch mit Verboten belegt, die entsprechende Speisen und Getränke von vornherein eliminieren.

Hier treffen in aller Schärfe Körper und Geist aufeinander, indem sie ihr Miteinander in Bipolarität, in Feindschaft versetzen. So wird etwas, ein Tier, eine Mensch, ein Ort, rein, sogar heilig oder dann schmutzig, böse oder ekelhaft. Es ist das Ausserhalb des Codex der Verhaltensnorm, des Geniessbaren oder der Sitte und der Akzeptanz. Das kann so weit gehen, dass auch ein Kontakt ausgeschlossen wird, ja ein Fluch auf der Berührung steht. Es kommen gesellschaftliche Zwänge zum Tragen, an die jede/r sich zu halten hat. Harte Strafen folgen auf die Nichtbeachtung. Sogar der Tod.

Auf diese Weise definieren sich alle Oberflächen als rein. Und eigentlich gibt es ja ausschliesslich Oberflächen, die wiederum auf Oberflächen liegen. All diese Oberflächen werden irgendwie berührt oder berühren uns. Schmutz scheint nicht vorhanden zu sein, ist aber dennoch überall da – wie die kosmisch  berechnete Dunkle Materie. Diese Null Schaltung beachten wir aber lieber nicht. Von ihr weiss man nur, dass es sie geben muss. Von ihr werden wir aber wie von der Kehrseite einer Medaille überall begleitet. In Gedanken wie im täglichen Abwägen dessen, was wir wollen, sollen oder müssen und nicht möchten. Bis zum Blick in den Spiegel, wo wir uns bedenken. Im Abgleich mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Aber selbst hier bewerten wir uns, indem wir uns bestätigen. Ausser in einem extremen Fall. Die Gewohnheiten und alltäglichen Rituale verdecken Zweifel und  Ängste.

Es ist eben verboten vom Baum der Erkenntnis die Frucht zu essen. Doch mittlerweile sind es dermassen viele nicht gepflückte Früchte, dass sie verfault von selbst zur Erde fallen. Und wir müssen erkennen: In der durch die Digitalisierung bewerkstelligten Globalität ist alles so miteinander verstrickt, dass aus Erkenntnissen auch zu Taten geschritten werden muss. Dass der verdrängte Schmutz, die Umweltbelastung, die Ausbeutung der Ressourcen bedacht und behoben werden müssen. Dass alles seine Kehrseite hat, dass zum Licht auch die Dunkelheit gehört und Oberflächen viele Formen haben. Dass Differenzen zum Konsens gehören und stichhaltige Argumente zu befolgen sind.

Wir stellen fest: Das Übertreffen des Geschmacks durch ein den Rachen total besetzendes Gewürz ist geradezu eine Droge. Ein Reinlichkeitszwang, der klinische Dimensionen erreicht. Weiter die unglaubliche Beschleunigung der Bewegung  im Raum. Der Globus wurde zum Raumschiff, in dem die Echtzeit den Takt angibt. Zwar hat der Tag immer noch 24 Stunden der Realzeit. Aber der Herzschlag des Kapitalismus, das Business, wird beinahe mit Lichtgeschwindigkeit der Börsen Transaktionen abgewickelt. Wo und wann irgendwie möglich nimmt die Geschwindigkeit zu und die Beharrlichkeit, die Lässigkeit des Verstreichens der Zeit wird überholt. Kein Wunder, dass die Kurzlebigkeit der Moden zur Gewohnheit wird. Hatte man ehemals noch Kleider, Apparate etc. repariert, wurde Langlebigkeit der Objekte sogar bewundert, schiebt das neue Modell das alte brutal beiseite. Schliesslich darf die Produktion nicht stocken, der Gewinn muss maximiert werden und die Arbeitsplätze sollten dabei noch erhalten bleiben. Die Roboter sind in Warteposition.

Das Alte wird zum Problem, auch das Alter und eine gewisse Rücksichtnahme. Ein Verdrängungswettkampf rund um den Globus, nicht nur des Neuen gegen das Alte, auch der Grossen Namen, Marken und Firmen gegen die kleinen Produzenten. Entweder sie werden geschluckt oder bereits an der Entwicklung gehindert. Gewaltige Multis stampfen alles im Wege stehende nieder. Gated communities sind wie Bunker die Burgen und Schlösser unserer Tage. Es kann dann nicht überraschen, dass nächste Schritte zum Verlassen der ausgelaugten Erde getestet werden. Im Weltraum ist noch viel Platz und Exklusivität zu haben.

In diesem Zusammenprall der Extreme scheinen Übergangszonen und Vermittlung durch die Medien – so wie bisher – in den Händen einer Klasse der Besitzenden zu verharren. Wer (viel) hat, bekommt (noch) mehr. Spricht man von Manipulation, bemerkt man, dass die Situation der Medien Manipulation durch die Massen nicht besser sein muss. Denn zumeist nimmt das Banale, Infantile und allgemein gesagt das Durchschnittliche dermassen zu, dass man diesen Diskurs am besten sich selbst überlässt. Zwar sind bald alle mit allen always on verbunden. Jedoch in Belanglosigkeit, Mobbing, Gehässigkeit und Unzufriedenheit. Wo sind da zündende Funken für das Gesellschaftliche? Wenn jeder Einzelne in sich stecken bleibt  als Ikone seiner selbst? Wenn der Konsens in Plattitüden momentaner Gags daherkommt. Und über allem das Zeltdach der Politökonomie ausgebreitet ist. Diese Plastikplane wird von ein paar wenigen gewieften Internet Manipulateuren über die ganze Erde verlegt. Milliarden gefügige Follower bestätigen mit ihren Likes den paar Gurus deren  seltsame Glaubens Philosophie willfährig.

Bei was es auch sei, Verbindlichkeit und Verantwortung werden, wenn möglich, durch ein Inkognito ausgelagert. Womit sich die Zwischenmenschlichkeit verabschiedet. Denken wir nur an das Zwillingspaar des Drohnenpiloten und des Selbstmord Attentäters. Ein Zweikampf in globaler Dimension, der an Kain und Abel erinnert. Die beiden Protagonisten treten aber nicht gegeneinander an sondern töten gezielt oder willkürlich den Feind, der von den Befehlshabern bezeichnet wird. Im einen Fall betätigt der Kämpfer einen Joystick und bleibt heil. Im anderen Fall begeht irgendein Opfer Selbstmord, beide sind einfach Werkzeuge der Vernichtung. Und diese Hinrichtungen scheinen nicht aufzuhören, sie sind ein Selbstläufer ohne fixes Ziel und treffen immer irgendjemanden. Man selbst könnte ge-/betroffen sein.

Das Leben ist eine Mischung  aus vielen Ingredienzien und besseren oder schlechteren Umständen. Und den Zeitgeist zu erhaschen und begreifen, gar zu beschreiben, ist eine schwierige Sache – wenn nicht unmöglich. Wir haben es mit einem Allesdurchausmiteinander zu tun, das sich zudem noch die ganze Zeit verändert. Dann und wann wird man aber auf einen Lichtschein der Erkenntnis stossen und einige Realitätssplitter wahrnehmen. In Bezug auf negative Tendenzen kann man bestimmt viel besser klagen, es sind schliesslich gewaltige Dimensionen, in denen das Globale sich ereignet. Da gibt es keine einfachen Lösungen, vor allem, was die Massen betrifft, deren kleinster Teil davon jede/r selbst ist.

Bewegen wir uns aber zwischen durch, von der Last dunkler Gedanken befreit, durch die Tore der Phantasie und positiven Denkens, erlenen wir tatsächlich das Reich der Freude und des Begehrens, in dem die Lüste uns beglücken. Obwohl wir jeden Tag mit den negativen, gar horribeln Geschehnissen in den globalen Medien konfrontiert werden. Irgendwo herrscht bestimmt eine unerträgliche Situation. Verursacht durch  Naturgewalten, Krieg und Terror, Amok und Hungersnöte. Man könnte wirklich verzweifeln. Dieses Leid zu mindern wäre die Pflicht der Völkergemeinschaft, die letztlich immer vielen, divergenten Ansprüchen Folge leisten sollte.

Doch worauf können wir uns alle einigen? Welche Anliegen verbinden uns? Ohne Zwang und Befehl aus eigenem Willen und Bedürfnis uns zur Freude und zum Genuss. Es sind die uns interessierenden und beflügelnden Werke der Kunst, in welchem Bereich auch immer. Die Kunst als das Jahrtausende alte Erbe der Schönheit, der Farben und Formen, Töne und Räume. All dessen, was heute von Künstler/innen als Beitrag zur Gestaltung phantastischer und das Bewusstsein positiv erweiternder Unterfangen angeboten wird. Diese wiederum müssen jedoch bei den Rezipienten auf Kunst immanente Bewusstseins Strukturen stossen. Um die Kunst autopoietischer Gegenwärtigkeit als Idee mitvollziehen  zu können.

Es sind die künstlerischen Zuschreibungen der unterschiedlichsten Art, die im „System“ Kunst im Tausch von Produktion und Rezeption zum Leben erwachen. Es sind Bewusstseinsfunken, die hin- und herspringen und das Feuer des Interesses, des Zusammen Seins entfachen. Dabei entstehen Verbindungen vom Selbst zum Anderen, eine Konzentration in der unendlichen Dezentrierung der Kräfte, die flexible Bindungen eingehen, um sich an Objekte und Subjekte anzuschmiegen, die in einer gewissen Dauer zu ideellen Mittlern werden. Die Dichte der Intuition von Offenheit verbindet dabei die Vergangenheit mit der Zukunft in der Gegenwart.

In der Idee der Kunst erhält jede/r einen Auftritt auf dem Boden der Kunst, der Welt, dem Weltgeist zugeeignet, der entsprechenden Bewegungen Halt verleiht. Rückhalt auf dem Weg zu einem besseren Vorgestellten – in welchem Medium es auch sei – zu einem Wohlgefallen am Dazwischen Sein. Die Idee der Kunst als mind art fokussiert uns im erlebten Interesse, im Wohlgefallen am konzentriert Dezentrierten.

Die mind art schweisst das Selbst und den Anderen/das Andere als Subjekt oder Objekt mit ihrer Wirkung als Bewusstseinsakt  momentan zusammen. Es geht dann um eine Form, ein Empfinden, einen Begriff, der sich in unseren mentalen Kosmos einprägt. Gedankengänge werden dadurch in neue Zusammenhänge gleitet. Gefühle universalistischer Verflochtenheit werden erlebt und geben uns beschwichtigende Gelassenheit und erregende Energie.

Eingetaucht in die globalen Verstrickungen der digital beherrschten Medien und deren Instantaneität, kann uns die mind art auch behilflich sein den Zeitgeist – mit all seinen unterschiedlichen Dimensionen, Bezügen und Wirkungen – individuell mitzutragen und mitzugestalten. Zwar sind die globalisierenden Transmedia tatsächliche Massenmedien, aber nicht wie bisher üblich zur unilateralen Übertragung von Botschaften für die Massen. Sondern seit einiger Zeit auch bilateral Sendestellen von den Massen an Individuen. Was die Sache nicht einfacher macht. Aber immerhin sind dadurch unglaublich viele Möglichkeiten entstanden, dass sich Einzelne global Gehör verschaffen konnten und können; so auch Künstlerinnen und Künstler.

In diesem Rahmen der Globalität entsteht dadurch eine neue Kunstkonstellation, in der auch Stimmen aus der ganzen Welt gehört werden. Und nicht nur die Verlautbarungen aus einigen Metropolen, die monopolartig Kunst für sich reklamierten. Im Sinne von quasi ideologisierter Indoktrination durch festgelegte ästhetische Geschmacksmuster. Dieser neuen globalisierten Ästhetik korrespondiert eine Bewusstseinskultur, die jeder/m offensteht, die/der jenseits politökonomischer Besetzung Werke eigenständiger und gesellschaftsfähiger künstlerischer Kreation vorführen.

In welchen Medien das auch vonstattengeht spielt keine Rolle mehr. Mind art als Bewusstseins-Kunst ist das Brennglas zur Fokussierung ersichtlicher qualitativer Einbildungskräfte und die Brille zur Erkenntnis der gesellschaftlichen Definition und möglichen Akzeption gegenwärtiger Kunst. In ihr sehen wir die Portulane wie Haltepunkte ästhetischer Wahrnehmung und Erkenntnis. Zum Genuss von Damals und Heute, was uns auf das Morgen Hoffnung gibt, weil Alles immerzu ein Miteinander ist. GJ Lischka 16.9.16